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Berlin, Theater am Gendarmenmarkt |
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Christian Dietrich Grabbe (1801-1836) |
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Georg Büchner: "Dantonts Tod" |
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Die revolutionäre Überzeugung der kritischen Intelligenz stand im Widerspruch zur reaktionären Haltung der Herrschenden. Während des März-Aufstandes 1948, als Bürgertum und Volk gegen den Absolutismus kämpften, spielte Büchner eine wichtige Rolle. Die reaktionären Mächte erstickten jedoch alle Revolten mit brutaler Gewalt; ihre Anstifter wurden ins Gefängnis geworfen, ihre geistlichen Urheber mundtot gemacht.
Trotz aller Beschränkungen ließen sich die Autoren von ihrem Bemühen um eine, die politischen und sozialen Verhältnisse kritisch widerspiegelnde und kommentierende Literatur nicht abbringen. Im Theater sahen sie eine Möglichkeit, ihre Ansichten einer großen Öffentlichkeit zu vermitteln. Stücke zeigten nun nicht mehr die Wirklichkeit, im Sinne einer Nachahmung der allgemeinen Wesensgesetze der Natur.
Die krisenhaften Situationen des Geschichtsverlaufes rückten in den Mittelpunkt, so dass sie dem zeitgenössischen Zuschauer Vertrauen in die Unaufhaltsamkeit des politischen Fortschritts einflößten. Die Neuheit der verkündeten Botschaft stand oft im Widerspruch zu einer dramatischen Struktur, die sich vom konventionellen Intrigenstück und vom Melodram herleitete.
Eine Breitenwirkung allerdings verhinderte die strenge Zensur. Das Theater fungierte im Wesentlichen nur als Ersatz für das unterdrückte politische Leben. Der ihnen von den Machthabern zugewiesenen Rolle entsprechend, spielten die Bühnen neben seichten Komödien weiterhin bürgerliche Rührstücke. Sogar die Werke der Klassiker schienen der Reaktion zu viel politischen Sprengstoff zu enthalten. Angesichts dieser Ausrichtung des Bühnenwesens erscheint es nicht verwunderlich, dass die beiden bedeutendsten Dramatiker der Epoche, Christian Dietrich Grabbe und Georg Büchner, keinen Platz auf den Spielplänen gefunden haben. Grabbe führte das heute noch praktizierte System der Vorbereitung einer Inszenierung durch Lese-, Stell- und Bühnenprobe ein.
Im ausgehenden 19. Jahrhundert hatte das Bürgertum zum ersten Mal in der Geschichte die Kraft, ohne Mitwirkung der Aristokratie, ein aufwendiges Bühnenwesen zu unterhalten. Nun diente das Theater einerseits der Unterhaltung und Ablenkung vom Alltag und andererseits der geistig-moralischen Erbauung über die neuen bürgerlichen Werte.
Mindestens ebenso interessant wie die Vorgänge auf der Bühne war das Umfeld des Theaters: der dekorative Pomp der Foyers und Pausenräume, die elegante Kleidung, das festliche Abendessen mit den Schauspielern. 1869 gab es einen Erlass, welcher es jedermann erlaubte, einen Theaterbetrieb zu gründen, Dies führte zu einem ungeheuren Boom, die Anzahl der Ensembles verdoppelte sich, die der Schauspieler stieg auf das Dreifache. Das Überangebot erlaubte es den Unternehmern, die Künstler auszubeuten. Daran änderte auch Gründung der "Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger" erst einmal nur wenig.
In den siebziger und achtziger Jahren kam es zu einer regelrechten Flut von Neubauten. Die Bürger jeder mittleren Provinzstadt hielten es jetzt für selbstverständlich, dass zum architektonischen Grundbestand ihrer Kommune auch ein repräsentativer Theaterbau gehört. Allein in Berlin konkurrierten in der Zeit nach der Reichsgründung mehr als fünfzig öffentliche und private Bühnen um die Gunst der Zuschauer. Die Hauptstadt wurde zur Theatermetropole.
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