|
|
|
|
Futuristisches Bühnenbild |
|
|
Figuren für ein Ballett |
|
|
Giacomo Balla (1871-1951) |
|
|
|
|
|
Die erste künstlerische Bewegung, die sich selbst als Avantgarde verstand und sich auch so bezeichnete, war der italienische Futurismus. Der Name schon sollte den Anspruch verdeutlichen, an der Spitze der Entwicklung zu stehen und der großen Masse den Weg zu bereiten in eine schönere Zukunft. Die jungen italienischen Künstler protestierten mit aller Macht gegen die Orientierung an der Vergangenheit, die sie als "Passatismus" bezeichneten. Mit Nachdruck forderten sie den Aufbruch in die Zukunft aufbauend auf die Errungenschaften der Technik.
Sie begrüßten die neuen Kommunikations- und Verkehrsmittel, verherrlichten vor allem das Automobil, das eine neue rauschhafte Erfahrung der Geschwindigkeit bot. Wie die Maschine überhaupt, wurde das Auto als Symbol der neuen Zeit mystisch verklärt. Beflügelt von einem ungeheuren Sendungsbewusstsein trugen die Künstler ihre Ansichten und Überzeugungen in die Öffentlichkeit. Ganz im Stil der neuen Zeit nutzten sie dabei die Mittel der Reklame und der Propaganda Sie inszenierten so genannte "Serate", Abendveranstaltungen, bei denen sie ihre Bilder präsentierten, Lautgedichte vortrugen und ihre Manifeste ins Publikum schleuderten. Die meisten Künstler betätigten sich in mehreren Sparten zugleich.
Mit der Entdeckung der Aktion als neuem Medium gewannen die Futuristen der Kunst eine bis dahin unbekannte Wirkungsmöglichkeit: das Aufrütteln aus geistiger und seelischer Lethargie durch die gezielte Provokation. Neben die mittelbare Kommunikation über das von seinem Schöpfer abgelöste Werk, über ein Gedicht oder ein Bild, trat nun die direkte Begegnung zwischen dem Künstler und seinem Publikum.
Der russische Futurismus hat mit seiner ungeheuren Aufbruchsenergie die Oktoberrevolution 1917 ideell vorweggenommen. Die Ähnlichkeiten zum italienischen Futurismus sind nicht zu übersehen, doch lassen sich auch Unterschiede feststellen. Die
Futuristen standen dem technischen Fortschritt zwar ebenfalls aufgeschlossen gegenüber, doch verherrlichten sie ihn nicht kritiklos. Ungezügeltem Machtstreben sowie nationalistischen und totalitären Tendenzen begegneten sie kritisch.
Ebenso wie die italienischen Futuristen setzten sich auch die russischen das Ziel, ihre Zeitgenossen aus der geistigen Lethargie aufzurütteln. Schon durch ihre Aufmachung wollten sie provozieren. Die einen liefen mit geschminkten Groteskmasken herum, die anderen trugen einen Kochlöffel im Knopfloch oder eine Muschel als Ohrring. So wie mit ihrer Erscheinung zielten sie auch mit ihren Aktionen auf den Schock.
Ihre Wortkunst betrachteten die russischen Futuristen als das "Horn der Zeit". Das Recht des Dichters auf die Schöpfung neuer Worte, welche zu einer Belebung der Sprache führen sollte, war der Hauptpunkt ihrer Poetik. Eine andere Methode der futuristischen Dichter bestand im Zerhacken und Neuordnen der Silben. Dieses Verfahren entspricht dem Collagieren in der bildenden Kunst. Die Verbindung zwischen den einzelnen Bereichen war im russischen Futurismus außerordentlich eng. Die oft gleichermaßen als Maler und als Dichter hervortretenden Künstler machten die Poesie durch die graphische Gestaltung auch zu einem visuellen Ereignis und umgekehrt das Bild durch das Einfügen von Buchstaben, Silben und Worten zu einem literarischen.
|
|
|